Vertical Farming und Aquaponik – Neue Wege der modernen Lebensmittelproduktion? Vertical Farming soll das Leben von gestressten Städtern grüner gestalten und die so fern gewordene Lebensmittelproduktion vom Land ins urbane Zentrum bringen. Was wir zunächst mit einer Dachbegrünung zur Verbesserung der verschmutzen Luft oder Urban Gardening assoziiert haben, wird andernorts mittels hochtechnologisierten Anlagen wie z.B. sogenannte Farmscrapers realisiert. Das sind Gewächshäuser, in denen über viele Etagen hinweg auf kleinstem Raum Gemüse auf einer Nährstofflösung angebaut werden soll.
Die Idee scheint nachvollziehbar. Die exzessiv genutzten Böden von landwirtschaftlichen Flächen sind ausgelaugt. Warum nicht den Platz vertikal und erdelos nutzen? Zumal in vielen Ballungszentren in Asien Vertical Farming dort Platz für Pflanzen schafft, wo alles bereits zugepflastert ist.
Vertical Farming kann als Überbegriff für neue und meist hochtechnologisierte Wege der Lebensmittelproduktion verstanden werden und bezieht sogenannte hydroponische und aquaponische Systeme ein. Bei hydroponischen Systemen wird Gemüse nicht im Boden angepflanzt, sondern auf einem Material wie z.B. Steinwolle oder Kokosfasern, welches mit einer Nährstofflösung versorgt wird. In Berlin versucht man sich momentan in der Vorreiterrolle was aquaponische Gewächshäuser betrifft - dort steht die ECF-Farm. Diese Art des Gemüseanbaus ist eine Kombination aus der hydroponischen Anbauweise und Aquakulturen. Bei der ECF-Farm werden Barsche in Aquakulturen gehalten und gleichzeitig Basilikum kultiviert. Pflanzen und Fische teilen sich das zirkulierende Wasser, welches durch die entstehenden Abfallprodukte beide Organismen mit Nährstoffen versorgen kann. Mit der richtigen Nährstoffversorgung und einer Lichtbestrahlung aus LED‘s wird ein schnelleres Wachstum von beiden Organismen begünstigt. Der nachhaltige Nebeneffekt - ein Wasserkreislauf kann geschlossen werden.
Vorteile:
Kurze Transportwege zwischen Produzent und Verbraucher sind gegeben. Die Städter können entweder mit dem Rad vorbeischauen oder sich frische Lebensmittel nach Hause bestellen. Eine Entlastung der Meeresressourcen: Durch die Kreislaufanlage kann eine Meeresverschmutzung vermieden werden. Es stellt sich natürlich die Frage, wie eine Aquakultur nachhaltig gestaltet werden kann.
Kritische Aspekte:
Mit den aquaponischen Kreislaufanlagen geht ein hoher Energieverbrauch durch LED Lampen sowie der weiteren Technik einher. Eingesetzt werden künstliche Behälter sowie eine Temperaturregelung, welche das Wachstum der Pflanzen sicherstellt. Was zunächst als einfaches und wassersparendes Kreislaufsystem erscheint ist also eine Anlage, welche mit viel Technik, Energie und Ressourcen betrieben werden muss. Realisierbar ist dies meist nur durch große finanzielle Mittel und Investoren. Die Regeneration und Pflege von Böden ist vor allem für die Landwirtschaft zwingend notwendig. Aquaponische Systeme und Vertical Farming selbst bieten zwar Alternativen. Das Problem an sich wird jedoch nicht behoben. Bioland und Demeter lehnen diese technischen Systeme ab. Die Debatte geht darum, ob der Gemüseanbau ohne natürliches Licht und Boden noch ökologisch wertvoll ist.
Es stellt sich also die Frage, ob Vertical Farming der Schlüssel zu einer modernen, effizienten und nachhaltigen Lebensmittelproduktion sein kann oder ob nicht vorzugsweise auf die alt bewährten Methoden zurückgegriffen werden sollte, um den Ausbau einer biologischen Landwirtschaft nachhaltig zu stärken.
Für mehr Infos, hier ein paar interessante Links:
Gemüse aus dem Hochhaus? von Nora Klopp und Franz-Theo Gottwald:
https://www.kritischer-agrarbericht.de/fileadmin/Daten-KAB/KAB-2018/KAB_2018_303_308_Klopp_Gottwald.pdf
Kritik an Aquaponik und Indoorfarming Von Philipp Stierand:
https://speiseraeume.de/kritik-aquaponik-und-indoorfarming/
Aquaponik - ein vorbildliches System - FUTURE - ARTE
https://www.youtube.com/watch?v=LAFE5lAq_io